Toxische Beziehungen: Psychopathie in romantischen Beziehungen – usammenfassung von Shannon Compton und dem Nordamerikanischen ForschungskomiteeErfahrungen und Auswirkungen Februar 2023 von David Kosson

zusammenfassung von Shannon Compton und dem Nordamerikanischen Forschungskomitee

Forschungshighlights

  • In einer große Datenuntersuchung erzählten ehemalige und aktuelle Partner von Männern und Frauen, die in einer romantischen Beziehung mit einer Person mit psychopathischen Merkmalen standen, über ihre Erfahrungen.
  • Die Studienteilnehmer berichteten über zahlreiche Arten von Missbrauch, die moderate bis schwere Konsequenzen für ihre geistige und körperliche Gesundheit mit sich brachten. Je vielfältiger und gravierender die Schwere der psychopathischen Merkmale beim Partner – aber auch falsche Bewältigungsstrategien der Betroffenen – je drastischer waren die Auswirkungen beim Opfer.
  • Geringere negative Auswirkungen erfuhren die Betroffenen, mit einer besseren Anpassungsstrategie.
  • Um Überlebende nach nach einer romatischen Beziehung mit Partnern mit psychopathischem Verhalten hoffentlich immer besser zu unterstützen, entwicklen wir weitere Inverventionsprogramme.

Hintergrund:

In intimen Partnerschaften, bei denen es zur häuslichen Gewalt kommt, ist der Grund sehr häufig das Krankheitsmerkmal der Psychpathie bei einem der Partner.

Etwa 15-30% der Täter von Gewalt innerhalb von Beziehungen erfüllen die klinischen Kriterien für Psychopathie (Huss & Langhinrichsen-Rohling, 2000). Häusliche Gewalt kann sich in verschiedenen Formen von Missbrauch äußern, wie emotionaler Misshandlung, physischer Gewalt, sexueller Gewalt, finanzieller Ausbeutung und Cyber-Missbrauch. Mehrfachmissbrauch, auch Polyvictimization genannt, bezieht sich auf das Erleben mehrerer Formen von Misshandlung. Personen, die Polyvictimization in ihren intimen Beziehungen erleben, haben schwerwiegendere psychische Probleme, sowie ein erhöhtes Risiko für posttraumatische Belastungsstörung (PTBS), Depressionen und Angstzustände (Lagdon et al., 2014).

Die Verarbeitungsstrategien der Misshandlungen können sich auf die psychischen Gesundheitsergebnisse einer Person auswirken. Psychologen unterteilen Bewältigung oft in zwei verschiedene Arten: problemorientierte Bewältigung (Auseinandersetzung mit dem Problem) und emotionsorientierte Bewältigung (Auseinandersetzung oder Linderung von Emotionen). Emotionsorientierte Bewältigung hilft Menschen dabei, sich besser zu fühlen, löst jedoch nicht ihre Probleme. Problemorientierte Bewältigung gilt als flexibler, da Strategien, die sich direkt auf die Lösung von Problemen konzentrieren, oft effektiver bei der Bewältigung dieser sind. Diese Strategien sind auch mit einem besseren Gefühl der Kontrolle und dadurch verbesserten psychischen Gesundheitsergebnissen verbunden als emotionsorientierte (oder weniger adaptive) Bewältigung. Der Einsatz von weniger adaptiven Bewältigungsstrategien wurde mit schwerwiegenderen PTBS-Symptomen in Verbindung gebracht (Lilly & Graham-Bermann, 2010).

Bereits frühere Forschungen in der Gruppe von Frauen, die in intimen Beziehungen mit Personen mit psychopathischen Merkmalen standen, kamen zu dem Ergebnis, dass diese Frauen Opfer von Gewalttaten durch ihren Partner geworden waren. Dies betraf emotionale Misshandlung (99%), Täuschung (95%), finanzieller Ausbeutung (83%), physischer Gewalt (62%) und sexuellem Missbrauch (59%). Opfer/Überlebende berichteten von Ängsten, Depressionen und Problemen in zwischenmenschlichen Beziehungen (Humeny et al., 2021).

Das Ziel der Studie von Forth et al. (2022) bestand darin:

  1. Erfahrungen und Auswirkungen einer intimen Beziehung mit Partnern mit psychopathischen Merkmalen zu untersuchen.
  2. Die Beziehung zwischen psychopathischen Merkmalen (beim Partner) und der Bewältigung, posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) und depressiven Symptomen des Opfers zu untersuchen.
  3. Festzustellen, welche Art von Missbrauch am besten vorhersagen kann, ob PTBS- und depressive Symptome auftreten.

Wie wurde die Studie durchgeführt?

Die Studie rekrutierte Teilnehmer von Websiten, die Informationen oder Hilfe für Psychopathie-Opfer bieten. 457 Probanten ehemaliger und aktueller intimen Partnern von Personen mit psychopathischen Merkmalen nahmen an einer Online-Umfrage teil. Diese Umfrage umfasste Fragebögen und offene Fragen. Die Teilnehmer wurden gebeten, folgendes auszufüllen:

  • Eine Skala zur Messung der psychopathischen Merkmale ihres intimen Partners.
  • Eine Skala zur Messung des Umfangs und der Schwere von PTBS-Symptomen.
  • Eine Skala zur Messung der Schwere von depressiven Symptomen.
  • Eine offene Frage „Wenn Sie andere körperliche und/oder psychische Gesundheitssymptome erlebt haben, die in den zuvor ausgefüllten Skalen nicht erwähnt wurden, welche waren das?“
  • Eine Skala zur Messung adaptiver und nicht-adaptiver Bewä

Was die Forscher herausfanden:

Wie bereits in früheren Studien, berichteten die Teilnehmer ähnliche Formen von Misshandlungen (Humeny et al., 2021): emotionale Misshandlung (98%), Täuschung (95,8%), finanzieller Missbrauch (80,7%), körperliche Misshandlung (50,5%) und sexueller Missbrauch (31,7%). Diese Studie ergab, dass Personen, die höhere psychopathische Merkmale bei ihrem Partner angegeben haben, eine mäßig negative Auswirkung auf ihre körperliche Gesundheit und eine extrem negative Auswirkung auf ihre psychische Gesundheit erlebten. Höhere psychopathische Merkmale standen in Zusammenhang mit höheren Bewertungen von PTBS-Symptomen, insbesondere wenn ihre Partner hohe Werte bei der zwischenmenschlichen Manipulation und gefühlskaltem Verhalten von aufwiesen.

Die Teilnehmer berichteten von mäßig schweren PTBS- und Depressionssymptomen. Die Antworten der Teilnehmer auf die offene Frage wurden ebenfalls untersucht. Psychologische/emotionale Schwierigkeiten waren am häufigsten (z.B. Wut, Angst, Panik und depressive Symptome), aber auch körperliche Auswirkungen (z.B. Geschwüre, Magen-Darm-Probleme, Kopfschmerzen) wurden berichtet. Andere Auswirkungen umfassten Verhaltensänderungen (z.B. Schlaf- und Essprobleme, Vernachlässigung der Selbstfürsorge und Veränderungen in sozialen Interaktionen), kognitive Veränderungen (z.B. Flashbacks, Konzentrations- und Gedächtnisprobleme) und Veränderungen in zwischenmenschlichen Beziehungen (z.B. Vertrauensverlust, Vermeidung von anderen Sozialkontakten).

Die Forscher untersuchten auch den Einfluss der Bewältigung. Adaptive Bewältigung war mit einer Verringerung der Depressionssymptome, aber nicht mit einer Verringerung der PTBS-Symptome verbunden. Mit anderen Worten, PTBS war bei den Frauen, die diese Beziehungen erlebt hatten, auch dann häufig, wenn sie adaptive, problemorientierte Bewältigungsmethoden anwandten. Nicht-adaptive Bewältigungsmethoden waren mit schwerwiegenderen Depressionssymptomen und schwerwiegenderen PTBS-Symptomen verbunden.

Die Forscher untersuchten auch, welche der folgenden Maße (Psychopathie-Werte, körperlicher Missbrauch, sexueller Missbrauch, Polyvictimization) am stärksten mit PTBS- und Depressionssymptomen zusammenhingen. Sowohl höhere Werte psychopathischer Merkmale bei den Partnern als auch Erfahrungen von Polyvictimization standen im Zusammenhang mit einer größeren Schwere der PTBS-Symptome. Bei den Depressionssymptomen sah es anders aus: Nur Erfahrungen verschiedener Formen von Missbrauch (Polyvictimization) waren mit schwerwiegenderen Depressionssymptomen verbunden.

Was sind die Auswirkungen

Die Studie zeigt, dass zukünftige Forschung berücksichtigen sollte, wie sich verschiedene Arten von Missbrauch, die Schwere des Missbrauchs und die Ergebnisse für Opfer/Betroffene von IPV unterscheiden können, je nachdem, ob ihre Partner niedrige oder hohe psychopathische Merkmale aufweisen. Es wird auch der Ruf nach zukünftiger Forschung zur posttraumatischen Entwicklung laut, einem Phänomen, bei dem Opfer/Betroffene über Widerstandsfähigkeit und positive Auswirkungen berichten, wie zum Beispiel, dass als stärkere Person aus der Opfersituation hervorzugehen.

Die Ergebnisse der Studie haben wichtige Implikationen für die Prävention, Intervention und Unterstützung von Opfern von psychopathischen Partnern und häuslicher Gewalt im Allgemeinen. Es besteht ein Bedarf an gezielter Aufklärung über psychopathische Merkmale und deren Zusammenhang mit Gewalt in intimen Beziehungen. Fachkräfte im Bereich der psychischen Gesundheit und des sozialen Dienstes sollten geschult werden, um angemessene Screening- und Interventionsstrategien anzuwenden, die den spezifischen Bedürfnissen und Herausforderungen dieser Zielgruppe gerecht werden.

Des Weiteren betont die Studie die Bedeutung von unterstützenden Ressourcen und Programmen, die den Opfern/Betroffenen helfen, adaptive Bewältigungsstrategien zu entwickeln und ihre psychische Gesundheit zu verbessern. Die Förderung von posttraumatischem Behandungsstrategien kann ebenfalls ein Ziel sein, um den Betroffenen zu helfen, aus der traumatischen Erfahrung gestärkt hervorzugehen.

Referenzen zitiert:

Forth, A., Sezlik, S., Lee, S., Ritchie, M., Logan, J., & Ellingwood, E. (2022). Toxic relationships: The experiences and effects of psychopathy in romantic relationships. International Journal of Offender Therapy and Comparative Criminology, 66(15), 1627-1658.

Humeny, C., Forth, A., & Logan, J. (2021). Psychopathic traits predict survivors’ experiences of domestic abuse. Personality and Individual Differences171, 110497.

Huss, M. T., & Langhinrichsen-Rohling, J. (2000). Identification of the psychopathic batterer: The clinical, legal, and policy implications. Aggression and Violent Behavior5(4), 403-422.

Lagdon, S., Armour, C., & Stringer, M. (2014). Adult experience of mental health outcomes as a result of intimate partner violence victimisation: A systematic review. European Journal of Psychotraumatology5(1), 12.

Lilly, M. M., & Graham-Bermann, S. A. (2010). Intimate partner violence and PTSD: The moderating role of emotion-focused coping. Violence and Victims25(5), 604-616.