Psychopathische Merkmale am Arbeitsplatz

  1. Mai 2020 von David Kosson| Verfasst von Ellen Tansony-Luedke und dem Forschungsausschuss

Das Ziel dieser Studie war es, die Beziehung zwischen psychopathischen Merkmalen unter Verwendung des triarchischen Modells der Psychopathie sowohl bei adaptivem als auch bei maladaptivem Verhalten am Arbeitsplatz zu untersuchen. Kurz gesagt postuliert das triarchische Modell, dass Psychopathie durch drei verschiedene, aber miteinander verbundene Bereiche konzeptualisiert werden kann: Enthemmung (z.B. Schwierigkeiten bei der Impulskontrolle und Emotionsregulation), Gemeinheit (z.B. Mangel an Empathie, Ausbeutung) und Kühnheit (z.B. Furchtlosigkeit, soziale Durchsetzungsfähigkeit). Insbesondere interessierten sich die Forscher (Neo, Sellbom, Smith & Lilienfeld, 2018) für die Rolle des Bereichs „Kühnheit“, da diesem in früheren Studien weniger Aufmerksamkeit geschenkt wurde.

Die Teilnehmer der Studie umfassten 343 berufstätige Erwachsene aus einem Arbeitsbereich. Sie füllten Selbstauskunftsbögen aus, um psychopathische Merkmale wie kontraproduktives (z.B. Sabotage, Diebstahl, Missbrauch) und produktives (z.B. Teamfähigkeit, Kreativität und Problemlösungsfähigkeiten) Verhalten am Arbeitsplatz, weiche und harte Taktiken des Einflusses sowie Führungsstile zu messen. Die Teilnehmer lasen auch kurze Texte mit vier geschäftsbezogenen Szenarien und zwei Entscheidungen (eine ethische und eine unethische), die mit jedem Szenario verbunden waren. Die Teilnehmer bewerteten, wie moralisch sie jede Entscheidung auf einer fünfstufigen Likert-Skala einschätzten, wobei 1 „überhaupt nicht moralisch“ und 5 „extrem moralisch“ repräsentiert. Sie bewerteten auch, wie wahrscheinlich es wäre, dass sie dieses Verhalten am Arbeitsplatz zeigen würden, und wie wahrscheinlich es wäre, dass andere dieses Verhalten zeigen würden.

Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass Personen mit ausgeprägter Enthemmung eher dazu neigten, kontraproduktives Arbeitsverhalten zu zeigen und einen passiveren Führungsstil an den Tag zu legen (d.h. einen „hands-off“-Stil, der nur auf Fehler reagiert, etc.). Auch Gemeinheit wurde mit einem erhöhten kontraproduktiven Arbeitsverhalten in Verbindung gebracht; jedoch weisen Neo et al. (2018) darauf hin, dass diese Beziehung nach Berücksichtigung von Überschneidungen mit Enthemmung verringert wurde. Interessanterweise zeigten die Ergebnisse, dass Gemeinheit die Beziehung zwischen Enthemmung und kontraproduktivem Verhalten am Arbeitsplatz moderierte; ein hoher Wert in beiden Domänen, Gemeinheit und Enthemmung, war mit sehr hohen Ebenen von kontraproduktivem Verhalten am Arbeitsplatz verbunden. Gemeinheit wurde auch als einzige Persönlichkeitsmerkmal identifiziert, das individuell eine unethische Entscheidungsfindung vorhersagte. Personen mit hoher Gemeinheit neigten eher dazu, harte Taktiken zu verwenden (z.B. Durchsetzung/Druck ausüben, eine Anfrage legitimieren, etc.).

Im Gegensatz dazu waren Personen mit hoher Kühnheit eher dazu geneigt, die Verwendung weicher Taktiken zu melden (z.B. Komplimente verwenden), die im Allgemeinen als konstruktiver und prosozialer betrachtet werden. Kühnheit wurde als Vorhersage für die Verwendung eines adaptiven Führungsstils gefunden (d.h. die Verwendung eines transformationsorientierten Ansatzes wie die Verwendung inspirierender Motivation oder die Berücksichtigung anderer als Individuen oder eines transaktionalen Ansatzes, der typischerweise Belohnung und Bestrafung einsetzt). Kühnheit sagte auch eine verringerte Verwendung eines passiven Führungsstils voraus. In Bezug auf die Teamarbeit zeigten die Ergebnisse der Studie, dass die Domäne der Kühnheit höhere Ebenen der Teamarbeit vorhersagte, während Gemeinheit niedrigere Ebenen der Teamarbeit vorhersagte.

Insgesamt zeigen die Ergebnisse dieser Studie, dass sich psychopathische Merkmale am Arbeitsplatz auf viele verschiedene Arten manifestieren können und dass die Beziehung zwischen Psychopathie und Arbeitsverhalten komplex ist. Gemeinheit und Enthemmung wurden stärker mit kontraproduktivem Arbeitsverhalten in Verbindung gebracht; jedoch unterschieden sich die Arten von Verhalten, die von jedem dieser Merkmale vorhergesagt wurden. Andererseits wurde festgestellt, dass Kühnheit mit einigen produktiven Arbeitsverhalten in Zusammenhang steht. Neo et al. (2018) stellen fest, dass ihre Ergebnisse darauf hinweisen, dass verschiedene Kombinationen von psychopathischen Merkmalen bestimmte Verhaltensweisen oder Verhaltensarten vorhersagen können. Für zukünftige Forschungen schlagen die Forscher vor, dass Ergebnisse in verschiedenen Kulturen untersucht werden könnten und möglicherweise eine Messung von Psychopathie und/oder Arbeitsverhalten verwendet wird, die nicht auf Selbstberichten basiert.

Reference: Neo, M., Sellbom, M., Smith, S. F., & Lilienfeld, S. O. (2018). Of boldness and badness: Insights into workplace malfeasance from a triarchic psychopathy model perspective. Journal of Business Ethics, 149, 187-205.