Können wir Kinder als Psychopathen nennen? Können wir Jugendliche als Psychopathen nennen?

übersetzer: Carolin Bispink

Einige Forscher haben Wesensmerkmale bei Kindern und Jugendlichen untersucht, um psychopathische Jugendliche von ihren Altersgenossen zu unterscheiden. Frick vertrat die These, dass Kinder, die sowohl Verhaltensprobleme als auch gefühllose/unempathische Eigenschaften aufweisen, am ähnlichsten den erwachsenen Psychopathen sind (Frick & Marsee, 2006). Die Forschungsergebnisse von Lynam (1996) identifizierten eine Untergruppe von Kindern mit Verhaltensproblemen und Hyperaktivität/Impulsivität/Aufmerksamkeitsproblemen, die seiner Ansicht nach am meisten dem Verhalten erwachsener Psychopathen ähneln. Obwohl diese Theorien zwei separate Wege zur erwachsenen Psychopathie identifizieren, haben Studien von Frick und Lynam gezeigt, dass es eine Untergruppe von Kindern gibt, deren Persönlichkeit und Verhalten sie von anderen Kindern unterscheiden und dass Verhaltensprobleme allein nicht ausreichen, um diese Unterscheidung zu treffen. Es gibt auch erhebliche Belege dafür, dass Messungen wie die Psychopathy Checklist: Youth Version (PCL:YV) und der Youth Psychopathic Traits Inventory (YPI) zuverlässige und gültige Möglichkeiten sind, Jugendliche mit psychopathischen Merkmalen zu identifizieren.

Ein Grund dafür, dass wir Kinder und Jugendliche nicht als psychopathisch bezeichnen, ist, potenziell negative Auswirkungen des Begriffs „Psychopath“ zu vermeiden. Der Begriff hat viele negative Konnotationen, und es gibt Belege dafür, dass Etiketten wie „Psychopath“ oder „psychisch krank“ die Art und Weise beeinträchtigen können, wie Jugendliche von Eltern, Lehrern und Freunden behandelt werden.

Etiketten dieser Art sind sehr schädlich, was dazu führen kann, dass die psychiatrische Behandlung mit der Begründung verweigert wird, dass er/sie sowieso nicht behandelt werden kann. Dies kann fatale Folgen haben, wenn z.B. ein Jugendlicher an ein Erwachsenengericht verwiesen wird, der Richter mit der Aussage konfrontiert wird, dass eine Therapie erfolglos sei und eine schwere Strafe (einschließlich der Todesstrafe) ausgesprochen wird.

Daher sollte bei der Verwendung des Begriffs „Psychopath“ oder „psychopathisch“, um Jugendliche zu beschreiben, äußerste Vorsicht geboten sein.

Ein weiterer Grund, Kinder nicht als psychopathisch zu bezeichnen, besteht darin, dass viele von ihnen in der Lage sein können, sich von der Kindheit über die Adoleszenz bis ins Erwachsenenalter erheblich zu verändern, insbesondere durch intensive Intervention.

Bitte beachten Sie, auch wenn Forschungsstudien Symptome aufzeigen, die eine schlechtere Prognose anzeigen, es immer noch viele Kinder gibt, die im Laufe der Zeit ‘besser’ werden können. Prognosen sind ein statistisches Konzept, das bei Betrachtung eines einzelnen Kindes an Bedeutung verliert.

Wir können einfach nicht vorhersagen, wie die Entwicklung eines einzelnen Kindes sein wird. Es ist daher ratsam, intensive Behandlungen für Familien mit Kindern mit psychopathische Merkmalen verfügbar zu machen.